Solaris (1972)

Die Verfilmung des bekannten Romans von Stanislav Lem kann man am ehesten mit den Worten »Psychologische Science-Fiction« bezeichnen. Genau wie in seinen anderen Filmen lässt sich Regielegende Tarkowski viel Zeit mit der Präsentation des Stoffes. Für die meisten Zuschauer zu viel Zeit.

Kris Kelvin (Banionis), dessen Frau vor einiger Zeit Selbstmord beging, reist zu einer Raumstation über dem Planeten Solaris. Solaris’ Ozean hat eine bizarre Form von Intelligenz hervorgebracht. Kris soll klären, warum von der Station keine sinnvollen Forschungsergebnisse mehr geliefert werden. Dort angekommen bemerkt er, dass sich die Station in desolatem Zustand befindet. Einer der drei Wissenschaftler hat sich vor kurzem umgebracht, die anderen verhalten sich äußerst merkwürdig. Und dann taucht auch noch eine Doppelgängerin seiner toten Frau (Bondartschuk) auf.

Der Roman um den »lebenden Ozean« auf Solaris, der zur Kontaktaufnahme mit den Menschen die verstorbenen Angehörigen der Wissenschaftler auf der Raumstation wieder zum Leben erweckt, ist Kult. Aber während Lem die Natur des Menschen im Universum thematisierte, konzentriert sich Tarkowskis Film auf die Auswirkung der Krise auf die Psyche seiner Charaktere.

Das macht er meisterhaft. Nicht umsonst ist »Solaris« ein Meilenstein des sowjetischen Kinos. Einige gingen sogar so weit, ihn als die russische Antwort auf »2001: Odyssee im Weltraum« zu bezeichnen. Wer dabei aber tolle Spezialeffekte oder gar Action erwartet, dürfte extrem enttäuscht werden, denn der Film lebt hauptsächlich von den Dialogen der sehr guten Schauspieler und den philosophischen Aspekten der Handlung. Mir enthalten manche Szenen, wie die minutenlange Autofahrt durch eine (zumindest damals) futuristisch anmutende Stadt, zu viel aufgesetzte Symbolik und entpuppen sich damit als reiner Selbstzweck. Eine kürzere Laufzeit hätte dem Film gutgetan.

Stanislav Lem mochte den Film übrigens nicht sehr, weil Tarkowski für das Drehbuch Änderungen an der Handlung vorgenommen hatte. Im Nachhinein gefiel auch Tarkowski sein eigener Film nicht mehr. Er bezeichnete ihn als sein »schwächstes Werk«.

Meiner Meinung nach ein guter Streifen, aber beileibe kein Meisterwerk der Science-Fiction. Für Freunde intellektueller Filme und Liebhaber psychologischer Themen durchaus interessant.

Regie: Andrei Tarkowski
Drehbuch: Andrei Tarkowski, Friedrich Gorenstein
Schauspieler: Donatas Banionis, Natalja Bondartschuk, Jüri Järvet, Anatoli Solonizyn, Wladislaw Dworschezki
Musik: Eduard Artemjew
Kamera: Wadim Jussow
Land: SU
Budget: 1 Mio. Rubel
Start: 20.3.1972

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