Metropolis

Metropolis ist einer der einflussreichsten Science-Fiction-Filme aller Zeiten, und noch heute sieht man Anleihen davon bei zeitgenössischen Filmen, obwohl der Streifen fast hundert Jahre alt ist. Maßgeblich dafür ist der außerordentliche, innovativ-visuelle Stil, den der deutsche Regiepapst Fritz Lang seinem Meisterwerk gegeben hat. Die Handlung hingegen, von Langs Frau Thea von Harbou als Drehbuch verfasst, ist typisch für die Zwanzigerjahre und beschäftigt sich, ähnlich wie der russische Film Aelita, mit dem Thema des Klassenkampfs und seinen Konsequenzen.

In der futuristischen Stadt Metropolis schwelgt die Oberschicht im Luxus, während die Arbeiter in dunklen, unterirdischen Behausungen vegetieren und sich in der molochartigen Maschinenstadt zu Tode schuften. Freder, der Sohn des Herrschers, verliebt sich in Maria, ein Mädchen aus der Unterschicht, und geht in die Maschinenstadt, um sie zu suchen. Offenbar ist Maria eine Predigerin für den Frieden zwischen den Klassen. Joh Fredersen, der Herrscher der Stadt, nötigt nun den Wissenschaftler Rotwang, einem von ihm gebauten Robotermenschen das Gesicht Marias zu geben, um so die Unterschicht aufzustacheln. Das Ziel: die Arbeiter nach der Niederschlagung des Aufstands noch mehr auszunutzen. Doch Rotwang hat mit Fredersen noch eine Rechnung offen und verfolgt andere Pläne. Er will mit Hilfe von Marias Doppelgängerin sowohl Unter- als auch Oberschicht gegeneinander aufhetzen, um die komplette Stadt zu vernichten.

Wie gesagt, ist Metropolis eine Geschichte über den Klassenkampf mit der Moral, dass nur beide Klassen gemeinsam die Zukunft gestalten können und ein Kampf mit Zerstörung und Tod endet. Lang zieht den Film als futuristisches Märchen auf und bedient sich dabei expressionistischen und surrealen Bildern. Und die sind schlichtweg atemberaubend. Viele Motive wurden auch Jahrzehnte später noch zitiert. Das futuristische Stadtdesign war Pate für Ridley Scotts Metropole in »Blade Runner«, der goldene Maschinenmensch wirkt wie eine frühe Version von George Lucas’ C3PO, die Eingänge zur Maschinenstadt erinnern frappierend an das Zaubereiministerium in den Harry-Potter-Verfilmungen. Es ließen sich noch zahllose andere Beispiele finden.

Durch seine exorbitanten Produktionswerte geriet Metropolis zu einem der teuersten Werke der Stummfilmzeit. Die Effekte wie Überblendungen, Mehrfachbelichtungen und Stop-Motion-Techniken waren nicht neu, kamen aber noch nie für einen Film in diesem Aufwand zur Anwendung. 300 Modellautos wurden für jedes Bild um mehrere Millimeter versetzt, um den Verkehr auf den futuristischen Straßen zu zeigen, was für zehn Sekunden Material eine Arbeit von acht Tagen bedeutete. Für die Hochhäuser von Metropolis baute man über 500 Modelle verschiedener Größen, die im Finale von Wassermassen überflutet wurden. Extra für den Film entstand eine riesige Halle in Babelsberg, die noch heute für Produktionen wie »Inglourious Basterds« oder »Cloud Atlas« genutzt wird.

Dabei schien es zunächst, als sei der ganze Aufwand umsonst gewesen, denn weder Kritiker noch Publikum mochten den Film nach der Premiere. Überfrachtet, kitschig, entsetzlich, albern – das sind noch die freundlichsten Kommentare, die 1927 in der deutschen Presse zu lesen waren. Enttäuscht kürzte Lang den Film von 153 auf 117 Minuten, aber das half auch nicht viel. In den Auslandsversionen schnitten die dortigen Verleiher das Material noch weiter zusammen. Paramount in den USA beispielsweise verstümmelte das Werk zu einer frankensteinartigen Geschichte, um ihm den Anstrich eines Horrorfilms zu geben.

So ist auch zu erklären, dass die ursprüngliche Premierenversion heute als verschollen gilt. Erst nach Jahrzehnten änderte sich die Rezeption des Films allmählich, bis er als frühes expressionistisches Meisterwerk anerkannt wurde. 2008 tauchte dann in Argentinien eine alte 16-mm-Kopie der Original-Auslandsversion auf, von der nach einer intensiven Restauration die ursprüngliche Fassung bis auf 8 Minuten wiederhergestellt werden konnte. Diese Fassung ist heute auf DVD erhältlich und Filmliebhaber sollten nicht die Gelegenheit verpassen, dieses Schmuckstück in ihr Regal zu stellen.

Kurz gesagt ist »Metropolis« ein Meisterwerk der Filmgeschichte, das zwar erzählerische Schwächen hat, aber mit seinem außerordentlichen visuellen Stil bis heute als Vorbild für viele moderne Science-Fiction-Filme dient.

Regie: Fritz Lang
Drehbuch: Thea von Harbou
Schauspieler: Brigitte Helm, Gustav Fröhlich, Alfred Abel, Rudolf Klein-Rogge, Fritz Rasp, Theodor Loos
Musik: Gottfried Huppertz
Kamera: Karl Freund, Günther Rittau, Walter Ruttmann
Land: D
Budget: 5,1 Mio. RM
Start: 10.1.1927

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