
Es ist ja nichts Neues, dass nach einem erfolgreichen Film über eine Fortsetzung nachgedacht wird. Ebenso oft ist diese Fortsetzung dann ein direkter Kandidat für die Mülltonne. Das war z.B. bei »Der weiße Hai 2« der Fall, bei »Die Fliege 2«, bei »Poltergeist 2«, bei »Nur 48 Stunden 2« oder bei »Rambo 2«. Es gibt wenige Beispiele, bei denen Sequels sich auf dem Niveau des Vorgängers bewegen und neue Akzente setzen. Ausnahmen sind »Der Pate 2«, die ersten beiden Teile von »Star Wars« oder »Terminator 2«. Nachdem die Fortsetzung von Ridley Scotts Meisterwerk »Alien« an einen eher unbekannten Regisseur namens James Cameron ging (der zugegebenermaßen mit »Terminator« zuvor einen Achtungserfolg hatte hinlegen können), war man damals zu Recht skeptisch.
Fast 30 Jahre später sieht man die Sache anders. Wenn es im »Alien«-Universum einen Film gibt, der gleichberechtigt neben dem klassischen Meisterwerk steht, dann ist es »Aliens«. Dieser Streifen gilt heute ebenso als Meisterwerk – und das Verdienst dafür kann man allein James Cameron anrechnen. Das fängt bereits mit dem Drehbuch an, mit dem der Regisseur seine eigene Vision von einer Fortsetzung der Geschichte umsetzte. Während »Alien« ein Horrorschocker, ein klassischer Monsterfilm im Weltraum war, versetzt Cameron jetzt ein anderes Genre ins All: den Kriegsfilm. »Aliens« weist zahlreiche Parallelen zu den Vietnam-Kriegsfilmen auf, die ebenfalls in den Achtzigern gedreht wurden: Eine technisch überlegene Truppe wird von scheinbar unterlegenen Gegnern nur durch deren Zahl und asymmetrische Kriegsführung dezimiert. Zum Ende von »Aliens« nähert sich Camerons Film dann wieder dem ersten »Alien« an, wenn Ripley allein gegen die Alienkönigin kämpfen muss.
Wie Ridley Scott lässt sich Cameron Zeit mit der Entwicklung der Handlung und seiner Protagonisten. Die erste Begegnung mit den Außerirdischen findet erst recht spät statt. Von da an wird der Streifen jedoch zu einer actiongeladenen Achterbahnfahrt, die dem Zuschauer kaum Zeit zum Atmen lässt. Ein zusätzlicher Treiber des Films ist dabei der Reaktor der Basis, der sich in eine tickende Zeitbombe verwandelt hat. Das stellt eine weitere Parallele zum ersten Teil dar, in dem Ripley den Reaktor des Raumfrachters auf Selbstzerstörung schaltet, aber der rettende Weg zum Raumgleiter durch das Monster versperrt ist.
Ein Kunstgriff in »Aliens« ist die Einführung der Figur des Mädchens Newt. So geht es nicht nur darum, dass sich ein paar Soldaten retten können, sondern ein kleines Kind muss aus den Fängen der Monster befreit werden, was für den Zuschauer ungleich emotionaler ist. Die Figur des Androiden erfährt auch eine Variation: Im ersten »Alien«-Film war der Android Ash noch böse. Er erwies sich sozusagen als Handlanger der Aliens. Bei »Aliens« wartet man die ganze Zeit auf den Moment, wo sich auch der Android Bishop als Bösewicht entpuppt. Aber es kommt ganz anders: Bishop opfert sich bis zum Äußersten für jeden Einzelnen auf. Noch in dem Augenblick, wo er von der Alienkönigin aufgespießt wird, stößt er das Kind aus der Gefahrenzone. Der Film spielt zwar mit den Handlungselementen des ersten Teils, bestätigt sie im einen Fall, endet aber auch oft ganz anders. So ist das Geschehen nie vorhersehbar. Allein das Drehbuch hätte einen Oscar verdient gehabt.
Von der technischen Umsetzung her ist der Streifen ebenfalls perfekt. Sets und Effekte sind technisch das Beste, was man 1986 erwarten konnte – und das für ein vergleichsweise überschaubares Budget. Der Soundtrack von James Horner ist spitze und findet sich mittlerweile in meinem CD-Regal. James Cameron, der damals als Risikofaktor galt, hat »Aliens« durch seinen Einsatz und seinen Perfektionismus zu einem Meisterwerk gemacht. Man muss es ihm hoch anrechnen, dass er das Wagnis eingegangen ist, Ridley Scotts sicheres Fahrwasser zu verlassen und seine eigene, ganz andere Vision eines Alien-Nachfolgers zu wagen.
Regie: James Cameron
Drehbuch: James Cameron
Schauspieler: Sigourney Weaver, Michael Biehn, Paul Reiser, Lance Henriksen, Carrie Henn, Bill Paxton
Musik: James Horner
Kamera: Adrian Biddle
Land: USA
Budget: 18,5 Mio. $
Start: 18.07.1986
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