Brazil

Wer die Filme von Monthy-Python-Mitgründer Terry Gilliam kennt (»Time Bandits«, »12 Monkeys«), der weiß, dass er sich auf nichts Alltägliches einlässt. »Brazil« ist keine Ausnahme, sondern eine groteske, surreale Neuinterpretation von George Orwells »1984«.

Sam Lowry (Pryce) ist ein kleiner Staatsbediensteter in einem dystopischen, totalitären Regime. Er vertrödelt seine Zeit am liebsten mit Tagträumen, in denen er als geflügelter Held über den Himmel zieht und seiner Traumfrau begegnet. Dafür verzichtet er auch gern auf die ihm angebotene Beförderung. Als er der Frau eines zu Unrecht als Terrorist verdächtigten Ermordeten einen Scheck überreichen soll, trifft er auf deren junge Nachbarin Jill (Greist), die sich als seine Traumfrau entpuppt. Sie verschwindet kurz darauf spurlos. Um sie ausfindig zu machen, nimmt Lowry die Beförderung an. Mit Hilfe seiner neuen Kompetenzen sucht er illegal nach ihr und macht schließlich sogar gemeinsame Sache mit dem Terroristen Tuttle (De Niro).

Die Handlung ist eigentlich nur Nebensache. Sie ergibt auch nicht immer einen Sinn, was man Gilliam aber nie übelnimmt. Sehenswert ist der Film wegen der vielen skurrilen Einfälle der Drehbuchautoren, der umwerfend atmosphärischen visuellen Darstellung der dystopischen Stadt, die den Visionen eines Ridley Scott in nichts nachsteht und vor allem wegen des hochkarätigen Darstellerensembles. Völlig zu Recht gilt das Werk heute als Kultfilm.

Der Name »Brazil« ist dabei irreführend, denn mit Brasilien hat der Streifen nichts zu tun, sondern bezieht sich auf die im Film sehr oft gespielte Melodie des Liedes »Aquarela do Brazil« von Ary Barroso. Ursprünglich sollte das Werk »1984 ½« heißen, womit die Handlung schon im Titel treffend formuliert gewesen wäre.

Es gab einige Probleme bei der Produktion. So erlag Nebendarsteller Robert De Niro, der unbedingt eine Rolle in dem Film hatte haben wollen, seinem gefürchteten Perfektionismus und verlangte stellenweise über 20 Neudrehs seiner Szenen, was Gilliam beinahe in den Wahnsinn trieb. Dann gab es Auseinandersetzungen mit dem Studio, das eigenmächtig den Schluss des Films mit einem Happy-End zu versehen plante. Glücklicherweise konnte sich Gilliam schließlich durchsetzen.

»Brazil« hat phänomenale Kritiken bekommen, war an der Kinokasse aber nicht sonderlich erfolgreich. Für Freunde skurrilen Humors ist der Film allemal Pflicht.

Regie: Terry Gilliam

Drehbuch: Terry Gilliam, Tom Stoppard, Charles McKeown
Schauspieler: Jonathan Pryce, Robert De Niro, Katherine Helmond, Ian Holm, Bob Hoskins, Michael Palin, Ian Richardson, Peter Vaughan, Kim Greist
Musik: Michael Kamen
Kamera: Roger Pratt
Land: UK, USA
Budget: 15 Mio. $
Start: 20.02.1985

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