Der schweigende Stern

Gut gemachte Science-Fiction aus der DDR – was sich zunächst vor allem für jüngere Filmfans aus den westlichen Landesteilen (zu denen ich gehöre) nach einem Aprilscherz anhört, ist beileibe kein Widerspruch. Im Jahre 1960 versuchten die DEFA-Studios erstmals, mit den aufwendigen SF-Kinoproduktionen des Westens zu konkurrieren. Das ist ihnen mit »Der schweigende Stern« nach einer Geschichte von Stanislaw Lem ganz gut gelungen. Weitere SF-Filme sollten in den nächsten Jahren und Jahrzehnten folgen.

In der Wüste wird eine verschlüsselte außerirdische Botschaft gefunden, die offenbar von der Venus stammt. Statt zum Mars soll das Raumschiff Kosmokrator nun mit acht internationalen Wissenschaftlern zur Venus fliegen und die Urheber der Botschaft suchen. Sie stoßen auf die Relikte einer untergegangenen Zivilisation, die sich in einem atomaren Krieg offenbar selbst ausgelöscht hat. Und da sich die Erde im Kalten Krieg befindet, droht dieses Schicksal auch zu Hause.

Die Kulissen und die Spezialeffekte sind eindrucksvoll und wurden mit sichtlichem Improvisationstalent produziert. Die Schauspieler geben eine gute Leistung ab und zusammen mit der Handlung über eine untergegangene Zivilisation erinnert der Film in seinen besten Momenten an das Meisterwerk »Alarm im Weltall«. Schön ist, dass das Raumschiff im Gegensatz zu den amerikanischen Produktionen mit einer internationalen Crew fliegt und die Handlung mit dem Hinweis auf einen drohenden Atomkrieg dem Zuschauer durchaus eine zeitgenössische Mahnung mit auf den Weg gibt. Auf den Sozialismus als überlegene Staatsform verweisende Momente halten sich dabei sehr in Grenzen. An einem Atomkrieg sind ja immerhin auch mindestens zwei Gegner schuld.

Ein wenig wird das Vergnügen durch eine lange Anlaufzeit bis zum Start gemindert. »Alarm im Weltall« hat den Zuschauer direkt in die Kernhandlung befördert und konnte sich dadurch detaillierter mit den Fremden und ihrem Untergang beschäftigen. Auch gibt es für meinen Geschmack ein bisschen zu viel »Technobrabbel« und insgesamt einige hanebüchene Dialoge, was mich manchmal die Augen verdrehen ließ. Intelligenter als die meisten westlichen Science-Fiction-Filme der Fünfziger und frühen Sechziger ist »Der schweigende Stern« aber allemal.

In der DDR war das Werk ein großer Erfolg. Wie bereits erwähnt, sollten weitere in den DEFA-Studios gedrehte SF-Filme folgen. Außerhalb der DDR spielte der Streifen keine besondere Rolle. Eine erbarmungslos gekürzte Version erschien zwar auch in den USA, aber sie interessierte dort kaum jemanden. Am Ende wurde »Der schweigende Stern« sogar von der Comedyserie »Mystery Science Theater 3000« als B-Movie veralbert, was der Film meiner Meinung nach nicht verdient hat.

Für Freunde klassischer Science-Fiction und ganz besonders für an der deutschen Fantastik interessierte Fans auf jeden Fall empfehlenswert.

Regie: Kurt Maetzig
Drehbuch: Kurt Maetzig
Schauspieler: Günther Simon, Julius Ongewe, Yoko Tani
Musik: Andrzej Markowski
Kamera: Joachim Hasler
Land: DDR, PL
Budget: ca. 6 Mio. Mark (DDR)
Start: 26.2.1960

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