Fahrenheit 451

Die Romanvorlage von Ray Bradbury gehört mittlerweile zu den Klassikern der Science-Fiction-Literatur. Bezüglich der Handlung weicht der Film in einigen zentralen Punkten vom Buch ab, aber der Romanautor konnte sich mit den Änderungen laut eigener Aussage wohl gut anfreunden.

In einer dystopischen Zukunft sind Bücher verboten, da sie die Menschen auf dumme Gedanken bringen können. Die Leute sollen lieber das harmlose, dümmliche Fernsehprogramm zur Zerstreuung nutzen und sich mit Pillen betäuben. Wird doch mal ein heimlicher Leser denunziert, rückt sofort die Feuerwehr an, verhaftet den Verbrecher und verbrennt die Bücher öffentlich mit dem Flammenwerfer.

Feuerwehrmann »Montag« (Werner) steht unmittelbar vor einer Beförderung, als er einer geheimnisvollen Frau (Christie) begegnet, die die Gesellschaft offen in Frage stellt. Nun beginnt Montag, selbst heimlich Bücher zu lesen, und wird zunehmend systemkritischer, misstrauisch beäugt von seiner angepassten Ehefrau Linda.

Die Dreharbeiten waren nicht einfach. Anfänglich wollte Truffaut den Film in Frankreich produzieren, was aber wegen der hohen Kosten nicht möglich war und man auf eine amerikanische Produktionsgesellschaft zurückgreifen musste. Der Film wurde schließlich in den Pinewood Studios in London gedreht. Da der Regisseur kaum englisch sprach, beklagten viele Kritiker die gestelzten Dialoge des Drehbuchs. Die französische Übersetzung kam besser an.

Auch mit dem Hauptdarsteller gab es Probleme. Der Österreicher Oskar Werner, der sich in der deutschen Version übrigens selbst synchronisierte, hatte seine eigene Sicht hinsichtlich der Figur des Montag. Er zerstritt sich immer mehr mit seinem Regisseur, bis er am Ende der Dreharbeiten die Anweisungen Truffauts offen ignorierte.

Herausgekommen ist meiner Meinung nach nur ein mittelmäßiger Film. Obwohl die Idee zweifellos ihren Reiz hat, gelingt es dem Werk nicht, die Bedrohung der Gesellschaft durch das Regime hervorzuheben. Es wird auch nie klar, wie gefährlich es denn nun wirklich ist, ein Buch zu verstecken. In manchen Situationen reagieren sowohl Feuerwehrleute als auch Zivilisten eher gelassen darauf – wie in der Szene im Park, als einem Kleinkind ein Büchlein einfach nur weggenommen wird. Optisch wirkt die Zukunft kaum düster. Man sieht ein paar Häuser im Bauhausstil, aber ansonsten scheint es, abgesehen von den Bausünden der Sechzigerjahre, keine großen Änderungen zu geben. Auch die Menschen leben ihr Leben wie gehabt, und dass sie von einem Regime drangsaliert werden, kann man eigentlich nicht sagen. Da gibt es Dystopien aus dieser Zeit, die deutlich düsterer wirken. Insofern zeigt der Film nicht wirklich ein Übermaß an Gesellschaftskritik und vergibt dadurch großes Potenzial.

Spezialeffekte darf man nicht unbedingt erwarten, da der Film sich mehr auf die Charaktere konzentriert. Action hat einen geringen Stellenwert, womit sich »Fahrenheit 451« immerhin von den typischen Hollywoodproduktionen wohltuend absetzt. Bei den genügsamen Bildern mit ihrer langsamen Geschwindigkeit fühlt man sich an die Werke eines Andrei Tarkowski erinnert, wobei dieser die Magie der Bilder besser einfangen konnte. Bei der Inszenierung gibt es einige weitere Mängel. So wird beispielsweise nie ganz klar, warum sich Montag plötzlich der Lust des Lesens hingibt. Insgesamt bleiben die Motivationen der Charaktere oft im Dunkeln. Durch die Besetzung der eher schwachen Julie Christie mit einer Doppelrolle hat man sich keinen großen Gefallen getan. Auch das Ende wirkt aufgesetzt und über dessen Logik sollte man besser nicht nachdenken.

Trotz der Schwächen ist der Film wegen der halbwegs gelungenen Umsetzung seiner bekannten Romanvorlage und der teilweise nostalgisch anmutenden Bilder sehenswert. Bedauerlich sind aber die vielen ungenutzten Möglichkeiten.

Regie: François Truffaut
Drehbuch: Jean-Louis Richard, François Truffaut
Schauspieler: Oskar Werner, Julie Christie, Cyril Cusack
Musik: Bernard Herrmann
Kamera: Nicolas Roeg
Land: UK, USA, F
Budget: 1,5 Mio. $
Start: 16.9.1966

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