Die totale Erinnerung

Neulich lief »Die totale Erinnerung« mal wieder irgendwo im Fernsehen und nach wenigen Minuten war schon deutlich, warum man sich solche Filme im TV besser nicht anschaut: geschnitten ohne Ende! Da gibt es diese Szene, wo Dr. Edgemar den Protagonisten Quaid davon überzeugen will, dass er nur träumt, bevor Arnold ihm in den Kopf schießt. Das letzte Bild in der Fernsehfassung war der Schweißtropfen auf der Stirn von Dr. Edgemar und dann – SCHNITT – ward der Doktor nie wieder gesehen. Spielfilme im Fernsehen? Nein – danke! Ein Grund mehr, die ungeschnittene Fassung (damals aus Österreich besorgt) nochmal aus dem Regal zu kramen und diesen tollen Film in ganzer Länge mit einem guten Glas trockenem Rotwein zu genießen.

Ich denke, die meisten SF-Fans kennen »Die totale Erinnerung«, der schon als moderner Klassiker gilt und mit »Total Recall« kürzlich ein eher lieblos dahin geschlamptes Remake bekam. Falls nicht: Arnold Schwarzenegger spielt in der Zukunft den Bauarbeiter Douglas Quaid. Dieser erfährt, dass er eigentlich ein Geheimagent ist, dessen Gedächtnis gelöscht wurde. Quaid fliegt daraufhin zur Marskolonie, um dort seiner Vergangenheit auf die Spur zu kommen.

Die Handlung basiert auf einer Geschichte von Philip K. Dick, dessen Werke für ihre Vielschichtigkeit und sein Spiel mit der Realität bekannt sind. Das aus der Idee resultierende Drehbuch halte ich für sehr gelungen. Bis zuletzt wird nicht geklärt, ob Quaid nun träumt oder nicht.

Aber die durchaus intelligente Story ist nicht die Basis für einen philosophisch angehauchten, intellektuellen Film wie »Solaris«, sondern vielmehr der Aufhänger für einen bunten, überdrehten Actionstreifen mit schillernden Figuren und kuriosen Ideen. Die Besetzung ist klasse: Arnold Schwarzeneggers trockener Humor passt hervorragend zu seiner überzeichneten Rolle. Sharon Stone spielt Quaids (Ex-)Frau überzeugend, bevor sie ein Jahr später mit »Basic Instinct« berühmt wurde. Ronny Cox liefert den Bösewicht im Hintergrund sehr glaubwürdig ab und Michael Ironside ist tatsächlich die Idealbesetzung für den eiskalten Killer, der Quaid bis zum Mars verfolgt. Vor allem lebt der Film von seinen absolut abgedrehten Einfällen und Details, die immer wieder für einen Wow-Effekt sorgen.

Das beginnt bei den Fingernägeln der Sekretärin im Rekall-Büro und setzt sich über die Frau mit den drei Brüsten und die Waffenkontrollen mit der Röntgenscheibe an der Metro fort. Nicht zu vergessen Arnolds Verkleidung als hässliche Frau am Raumhafen! Der Höhepunkt ist die Darstellung des Mutanten Kuato. Die Spezialeffekte sind erstklassig. Hier darf man nicht übersehen, dass es sich um einen der letzten Effekt-Filme handelte, bevor James Cameron ein Jahr später mit »Terminator 2« die digitale Revolution einläutete.

Regie bei »Die totale Erinnerung« führte der geniale Niederländer Paul Verhoeven, der für seine harten, brutalen aber auch leicht satirisch bis zynisch angehauchten Zukunftsfilme bekannt ist (siehe »Robocop« und »Starship Troopers«). Auch der Soundtrack von Jerry Goldsmith ist hervorragend gelungen. Meiner Meinung nach ist der Film ein Meisterwerk, das in keiner Science-Fiction-Sammlung fehlen darf. Wer ihn noch nicht kennt, sollte das schleunigst nachholen.

Regie: Paul Verhoeven
Drehbuch: Ronald Shusett, Dan O’Bannon, Gary Goldman
Schauspieler: Arnold Schwarzenegger, Rachel Ticotin, Sharon Stone, Michael Ironside, Ronny Cox
Musik: Jerry Goldsmith
Kamera: Jost Vacano
Land: USA
Budget: 50-60 Mio. $
Start: 01.06.1990

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*